Remote working from abroad - compliance

Remote Work aus dem Ausland – Traum für Arbeitnehmer, Albtraum für die Payroll?

Die Pandemie hat es bewiesen: Mobiles Arbeiten funktioniert. Ob Büro, Homeoffice, Café oder gleich der Arbeitsplatz „under the palm trees“ – für viele Arbeitnehmer ist „Work from Anywhere“ heute nicht nur Wunsch, sondern bereits gelebte Praxis.

Doch: Während es für Mitarbeitende Flexibilität, Freiheit und bessere Work-Life-Balance bedeutet, bringt es für die Lohnabrechnung große Herausforderungen mit sich.

Und damit kommen wir zum Teil, der selten auf Instagram zu sehen ist 😉: Denn hinter dem Traum vom Arbeiten aus Spanien, Italien oder sogar Übersee stehen komplexe steuerliche, sozialversicherungsrechtliche, administrative und arbeitsrechtliche Fragen. Als Payroll-Spezialistin weiß ich, wie viel zusätzliche Arbeit und Haftungsrisiko im Hintergrund entsteht.

Ich schätze den Aufwand im Vergleich zu einem „normalen“ Mitarbeiterfall in der Lohnabrechnung auf mindestens 1:10 – wenn überhaupt.

Neu: Arbeitsrechtliche Besonderheiten beim Arbeiten im Ausland

Arbeiten im Ausland ist kein Selbstläufer – auch arbeitsrechtlich! Ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers (idealerweise per Zusatzvereinbarung oder Betriebsvereinbarung) besteht kein Anspruch auf Workation oder dauerhaftes Homeoffice im Ausland.


Zusatzregelungen sind unerlässlich und schützen beide Seiten:

  • Zusatzvereinbarung notwendig: Regelt z.B. Einsatzort, maximale Dauer, Erreichbarkeit, Rückholrecht, Arbeitsmittel, Kostentragung, Versicherungsschutz und explizite Geltung deutschen Arbeitsrechts (oder ggf. Rechtswahl).
  • Mitbestimmung: Oft ist der Betriebsrat einzubeziehen, wenn Policies oder allgemeine Regelungen eingeführt werden.
  • Arbeitsschutz und lokale Gesetze: Bei längerem Aufenthalt oder in bestimmten Ländern greifen unter Umständen lokale, oft arbeitnehmerfreundlichere Regelungen (z.B. zu Arbeitszeit, Urlaub).
  • Datenschutz: Gerade beim Arbeiten außerhalb der EU gelten besondere Vorgaben.
  • Aufenthaltsstatus & Work Permits: In vielen Ländern braucht es eine Arbeitserlaubnis – schon bei zeitweiligem Aufenthalt.
  • Haftung & Gerichtsstand: Offenlegung, wo im Streitfall geklagt werden könnte.

👉 Ohne klare Zusatzvereinbarung und arbeitsrechtliche Regelung drohen rechtliche und finanzielle Risiken – für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer. In der Praxis zeigt sich: Individuelle Absprachen oder betriebliche „Work from Anywhere“-Policies sind 2025 ein Muss!


1. Steuerpflicht – das Finanzamt reist immer mit

  • Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt bestimmen die Steuerpflicht.
  • Doppelbesteuerungsabkommen und Auslandstätigkeitserlasse müssen geprüft werden.
  • Dauer (>183 Tage) kann dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht geben.
  • Eventuell muss der Arbeitslohn aufgeteilt und im Ausland über ein lokales Abrechnungsbüro erfasst werden.
  • Dokumentations- und Meldepflichten beachten.
  • Neu 2025: Auch die Frage einer lohnsteuerlichen Betriebsstätte durch Homeoffice wird von Finanzbehörden kritisch geprüft.

2. Sozialversicherung – wo Beiträge abgeführt werden müssen

  • Grundsatz: Beschäftigungsortprinzip = Beiträge dort, wo gearbeitet wird.
  • EU/EWR: Entsendungen bis zu 24 Monate mit Nachweis (A1-Bescheinigung) möglich.
  • Drittstaaten: Prüfung von Sozialversicherungsabkommen wichtig (z.B. USA ≠ kompletter Schutz).
  • Ohne Abkommen (z.B. Hongkong): Zusatzversicherungen nötig → wer trägt Kosten (AG/AN)?

👉 Seit 2024 diskutieren einige Krankenkassen und Arbeitgeberverbände digitale „Global Mobility Portale“, die den Verwaltungsaufwand reduzieren sollen. In der Praxis aber noch aufwendig.

3. Unfallversicherung – Schutz auch im Ausland?

  • Berufsgenossenschaft greift grundsätzlich, aber oft zeitlich begrenzt.
  • Abgrenzung Arbeits- vs. Freizeitunfall = Streitpunkt (oft zu Lasten der AN).
  • Zusatzversicherungen können sinnvoll sein.
  • Arbeitgeber müssen klären: Wer zahlt die Zusatzkosten?

4. Zusätzliche Meldepflichten im Ausland

  • Länder fordern teils obligatorische Meldungen (z.B. Österreich: ZKO3, Frankreich: SIPSI).
  • Fehler oder Nichtbeachtung = empfindliche Bußgelder.
  • Neu 2025: Immer mehr Länder haben digitale Meldeportale. Das heißt: Pflichtmeldungen sind leichter zu prüfen, aber die Kontrolldichte nimmt stark zu.

5. Mindestlohnregelungen

  • Auch im Ausland gilt: Landesrecht geht vor.
  • Selbst wenn der deutsche Mindestlohn übertroffen wird → ausländische Vorgaben & Meldepflichten prüfen.

Fazit

Arbeiten aus dem Ausland ist modern, flexibel und attraktiv – aber für die Payroll auch ein bürokratischer Kraftakt. Unternehmen sollten nicht nur auf den Employer-Branding-Effekt setzen, sondern auch an die rechtlichen Stolperfallen und den Ressourcenaufwand denken.

👉 Mein Tipp:

  • Zusammenarbeit mit Steuerkanzleien oder Global-Mobility-Experten, bevor jemand ins Ausland geht.
  • Klare Betriebsvereinbarungen / Policy für Workation & Remote Work Abroad einführen.
  • Transparente Kommunikation mit Mitarbeitenden, welche Länder/Zeiträume möglich sind.

So lassen sich böse Überraschungen vermeiden – und der Spaß beim Reisen bleibt. 🌍✈️




Beitrag teilen:

Verwandte Beiträge

DER Payroll Podcast Folge #14 - Systemwechsel in der Zeitwirtschaft

DER PAYROLL Podcast #14 – Systemwechsel in der Zeitwirtschaft 2025 – Hausaufgaben, Projekttipps und Erfolgsfaktoren

„Bei uns ist alles ganz einfach“ – wenn Matthias Gebhard das von einem Kunden hört, gehen bei ihm die roten Lampen an. Denn 25 Jahre Projekterfahrung haben ihn gelehrt: So einfach ist es nie. Jedes Unternehmen hat spezielle Regelungen, die oft erst im Projekt sichtbar werden – und die größten Fehler passieren nicht während der Implementierung, sondern schon vorher: bei fehlerhafter Planung!

In Teil 1 meiner Serie haben wir geklärt, WAS moderne Workforce-Management-Systeme bereits können. Er hat live im Video-Podcast demonstriert wie KI bereits bei der Schichtplanung unterstützen kann.

Und in Teil 2 wird’s jetzt konkret: WIE setzt man einen Systemwechsel erfolgreich um? Und warum ist ein Systemwechsel in der Zeitwirtschaft schwieriger umzusetzen als ein Payroll-Sytemwechsel?

Mein Gast ist wieder Matthias Gebhard. Er seit 25 Jahren Experte für Zeitwirtschaftssysteme und aktuell bei ProTime tätig, einer Tochter der SD Worx Gruppe. Mit seiner langjährigen Erfahrung hat er Hunderte von Unternehmen bei der Einführung und Optimierung von Zeiterfassungs- und Workforce-Management-Systemen begleitet. Er kennt die typischen Stolpersteine in Zeitwirtschafts-Projekten – und weiß, wie man sie von Anfang an vermeidet

Mehr lesen

„Excel wird rechtlich nicht mehr reichen“ – Zeitwirtschafts-Experte Matthias Gebhard im Interview

16% der deutschen Unternehmen nutzen noch Excel für die Zeiterfassung, 13% sogar handschriftliche Stundenzettel. Mit fatalen Folgen: Nur 78% aller Lohnabrechnungen weltweit sind korrekt – und fehlerhafte Zeitdaten sind eine der Hauptursachen. Matthias Gebhard, seit 25 Jahren Experte für Zeitwirtschaftssysteme bei ProTime (SD Worx), erklärt im Gespräch, warum Excel rechtlich problematisch ist – und was moderne Workforce-Management-Systeme heute leisten können.

Mehr lesen