Traum vieler Arbeitnehmer - Alptraum für die Lohnabrechnung!

Arbeiten aus dem Ausland– Alptraum für die Lohnabrechnung!

Die Pandemie hat es gezeigt –  mobiles Arbeiten funktioniert und bietet Arbeitnehmern, aber auch Unternehmen viele Möglichkeiten.

Ich bin ein absoluter Fan von remote Arbeiten, auch gerne from anywhere! Und unter ‚Anywhere‘ versteht sich ja mittlerweile nicht nur der Wechsel zwischen Arbeiten im Büro, Home-Office, einem Cafe, sondern auch die Möglichkeit länger oder kürzer aus dem Ausland zu Arbeiten. Der  Wunsch vieler Arbeitnehmer mobil auch aus dem Ausland zu arbeiten nimmt zu. 

Working on the road aus dem Ausland – toll  für Arbeitnehmer, aber leider nicht für die Lohnabrechnung!
Aber ich bin auch Lohnabrechnerin und muss leider mal wieder den mahnenden (Payroll-) Zeigefinger heben und auf verschiedene Schwierigkeiten des flexiblen Arbeitens aus dem Ausland hinweisen. Denn ich weiss wieviel Mehrarbeit bei dieser Thematik auf die Payroller zukommt. 

Generell sind auf Auslandssachverhalte in der Lohnabrechnung keine One-fits-all-Lösungen anwendbar. Jeder Mitarbeiter-Fall muss einzeln geprüft werden. Das kostet sehr viel Zeit und Ressourcen. Diese sind nämlich auch durch den Fachkräftemangel in der Gehaltsabrechnung nicht mehr unbegrenzt vorhanden. Den Zeitaufwand im Verhältnis zu einem normalen Mitarbeiter schätze ich auf ca. 1:10. Wenn es reicht.

Folgende sowohl im Vorfeld eines Arbeitens in Ausland als auch monatlich folgende Tatbestände und Änderungen sind zu prüfen:

1. Prüfung der Lohnsteuerpflicht – das Finanzamt reist mit
Lt. Steuerrecht ist ein Steuerpflichtiger dort steuerpflichtig, wo er seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Lebensmittelpunkt) hat. Abhängig vom Land und der Dauer der Auslandstätigkeit sind hier die einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen  oder Auslandstätigkeitserlässe zu prüfen.

a) Fällt aufgrund der Dauer des Auslandsaufenthalts (Regel meist mehr als 183 Tage) dem Tätigkeitsstaat(Ausland) das Besteuerungsrecht zu?
b) Muss Arbeitslohn aufgeteilt werden? Also teilweise Versteuerung im Inland und Ausland. Berechnung des aufzuteilenden Arbeitslohns. Für die Versteuerung des Auslandslohns benötigt man ein Abrechnungsbüro im Ausland. Besteht hier nicht schon eines, muss eines gefunden werden und die Lohnabrechnung mit dem Dienstleister von Null komplett aufgesetzt werden.
c)  Muss Arbeitslohn im Inland von der Steuerpflicht freigestellt werden (Bsp. Auslandstätigkeitserlass)?
d) Welche Dokumentationen/Meldepflichten müssen durchgeführt werden usw.?

Und nicht zu vergessen: Prüfung: Führt Home-Office aus dem Ausland ggf. zu einer lohnsteuerlichen Betriebsstätte?  – hier mehr dazu.

2. Prüfung der Sozialversicherungspflicht – wo müssen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden
In der Sozialversicherung gilt das Beschäftigungsortprinzip. Dort wo ich arbeite, bin ich als Arbeitnehmer sowie als Selbständiger auch sozialversicherungspflichtig. Die Sozialversicherung macht keinen Unterschied, ob man länger oder nur kurz (Dienstreise) ins Ausland fährt und arbeitet. Jeder Tag ist sozialversicherungsrechtlich eine sog. Entsendung. Für Entsendungen im EU-/EWR Raum gilt für 2 Jahre hier eine Ausnahme vom Beschäftigungsortprinzip. Der Arbeitnehmer kann hier weiterhin im Wohnsitzstaat sozialversicherungspflichtig bleiben. Aber eine Ausstellung einer A1-Bescheinigung zum Nachweis zur Vermeidung der Doppelverbeitragung ist hier Pflicht.

Für Reisen in Drittstaaten z.B. USA wird die Lage wieder schwieriger, weil z.B. nicht alle Zweige der Sozialversicherung umfasst sind. Hier müssen die bestehenden Sozialversicherungsabkommen geprüft werden und ggf. Lösungen mit dem reisenden Arbeitnehmer getroffen werden.

Ausserdem gibt es auch Länder ohne Sozialversicherungsabkommen, z.B. Hongkong. Hier gibt es gar keine Regelung. Muss eine ggf. eine Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen werden? Wie sieht hier die Haftung und Regelung der Kostenübernahme aus?

3. Unfallversicherung – Was passiert bei einem Arbeitsunfall im Ausland? Ausreichender Schutz?
Die Berufsgenossenschaft umfasst auch in gewissem Umfang Arbeitsunfälle, die im Ausland passieren. Aber meist nur  auf begrenzte Zeit. Wie ist die Abgrenzung von Arbeitsunfall und privaten Unfall? (hier gibt es schon zahlreiche Urteile, wo die BG die Kostenübernahme ausschließt). Soll hier ggf. eine zusätzliche Unfallversicherung abgeschlossen werden? Wer trägt die Zusatzkosten – AG oder AN?
Mehr Informationen liefert hier die VBG.

4. Zusätzliche Meldepflichten müssen erstellt und geprüft werden
Neben den normalen Meldenpflichten in der Steuer und der Sozialversicherung möchten verschiedene Länder zusätzliche Meldungen haben. Dies muss geprüft und die Meldungen ggf. erstellt werden.
Beispiele wären z.B. das ZKO3-Formular für Österreich oder die Meldungen über SIPSI für Frankreich. Nichtbeachtung führt unter Umständen zu empfindlichen Bussgeldern.

 5. Mindestlohn – Prüfung der Mindestlohnvorschriften in den einzelnen Ländern
Auch wenn Deutschland mittlerweile einen sehr hohen Mindestlohn hat, sind Mindestlohnregelungen und Meldevorschriften zu prüfen und ggf. Bussgelder zu vermeiden.

Kurz und gut: Arbeiten aus dem Ausland ist super, flexibel und modern. Aber trotz aller Euphorie, sollte die Mehrarbeit für die Lohnabrechnung sowie das Haftungsrisiko durch Entscheider nicht vergessen werden. Prüfung mit externen Experten im Vorfeld, kann böse Überraschungen vermeiden. Auch generelle Regelungen (BV’s) für Mitarbeiter, die aus dem Ausland arbeiten möchten, helfen Aufwand zu reduzieren. Und nun viel Spass beim Reisen – aber die Lohnabrechner nicht vergessen!

 

 

 

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