In der Welt der Ausbildungsvergütungen hat sich in den letzten Jahren viel getan. Eine besonders auffällige Entwicklung: Die einst wichtige 325-Euro-Geringverdienergrenze ist für Auszubildende praktisch bedeutungslos geworden. Warum? Weil die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung mittlerweile deutlich darüber liegt. Zeit für einen Faktencheck!
Was ist die Geringverdienergrenze überhaupt?
Die im § 20 Abs. 3 SGB IV verankerte Geringverdienergrenze besagt: Wenn ein Auszubildender nicht mehr als 325 Euro brutto im Monat verdient, übernimmt der Arbeitgeber die kompletten Sozialversicherungsbeiträge. Der Auszubildende muss dann keinen eigenen Anteil zahlen.
Diese Regelung entstand zu einer Zeit, als Ausbildungsvergütungen noch erheblich niedriger waren als heute. Sie sollte verhindern, dass Auszubildende mit sehr geringem Einkommen durch Sozialabgaben überbelastet werden.
Mindestausbildungsvergütung 2025: Weit über der Grenze
Seit dem 1. Januar 2020 gibt es in Deutschland eine gesetzlich verbindliche Mindestausbildungsvergütung, die jedes Jahr angehoben wird. Die Mindestausbildungsvergütung ist in § 17 BBiG geregelt. Für 2025 gelten folgende Mindestsätze:
- Ausbildungsjahr: 682 Euro
- Ausbildungsjahr: 805 Euro
- Ausbildungsjahr: 921 Euro
- Ausbildungsjahr: 955 Euro
Diese Zahlen zeigen deutlich: Mit 682 Euro im ersten Jahr liegt selbst die niedrigste Mindestausbildungsvergütung mehr als doppelt so hoch wie die 325-Euro-Grenze!
Praktische Bedeutung: Fast keine mehr
Für wen könnte die Geringverdienergrenze heute überhaupt noch relevant sein?
- Für reguläre Ausbildungsverhältnisse im dualen System spielt sie keine Rolle mehr.
- Selbst bei Praktika (Pflichtpraktika) sind Vergütungen unter 325 Euro mittlerweile eher selten anzutreffen.
- In Prüfungen und Fachbüchern wird die Regelung aus didaktischen Gründen zwar noch behandelt, was bei Lernenden oft für Verwirrung sorgt – schließlich fehlt der Praxisbezug.
Hintergrund zur Mindestausbildungsvergütung
Die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung hat die Geringverdienergrenze effektiv ausgehebelt.
Dabei gilt:
- nicht tarifgebundene Unternehmen müssen mindestens die gesetzlich festgelegten Mindestvergütungen zahlen
- Ausnahme: Es besteht ein (niedrigerer) Branchentarifvertrag
- Nicht tarifgebundene Betriebe dürfen maximal 20% unter dem branchenüblichen Vergütungsniveau bleiben
- In Ausbildungsbetrieben, die tarifgebunden sind, gilt die Ausbildungsvergütung aus dem Tarifvertrag
Fazit: Ein Papiertiger im Sozialversicherungsrecht
Die 325-Euro-Geringverdienergrenze existiert zwar weiterhin im Gesetzestext, spielt aber in der Ausbildungspraxis keine Rolle mehr. Sie ist zu einem Papiertiger geworden, dessen Kenntnis hauptsächlich für das Verständnis historischer Zusammenhänge oder sehr seltener Sonderfälle von Bedeutung ist.
Für angehende Fachkräfte in der Entgeltabrechnung bleibt die Regelung Teil der Theorie – in der Praxis werden sie ihr jedoch kaum begegnen. Die stetige Aufwertung der Ausbildungsvergütungen ist eine erfreuliche Entwicklung für alle Auszubildenden in Deutschland, die damit eine faire Entlohnung für ihre Arbeit und ihren Lernaufwand erhalten.
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